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Baby . Elternschaft . Kleinkind

Mein Kind wirft mit Gegenständen

On 24.05.2020 by anna

Helene* schreibt mir: „Mein knapp zweijähriger Sohn wirft mit Gegenständen, wenn er gerade nicht unsere volle Aufmerksamkeit hat. Wie kann ich ihm das abgewöhnen?“

Hier beantworte ich eure Fragen mit meinem Hintergrund eines Studiums der Neurowissenschaften und kognitiven Psychologie, einer Ausbildung zur Trageberaterin und Babykursleiterin, meinem gesammelten Wissen aus etwa 250 Büchern zum Thema Erziehung und meinen Erfahrungen, die ich in den letzten sieben Jahren als Mutter gesammelt habe. Ich bin keine Psychologin und kein Coach. Wenn euch eine Situation so sehr belastet, dass sie eure Gedanken den ganzen Tag über beeinflusst, möchte ich euch bitten, euch professionelle Hilfe zu suchen. Ich kann euch die innere Arbeit mit eurem Päckchen an Erfahrungen, Verletzungen und Traumata nicht abnehmen. Was ich aber versuchen kann, ist euch ein paar Gedanken und Impulse mitzugeben, die euch vielleicht helfen können, eure eigene Lösung zu finden. Und wenn ihr euch mit dem, was ich schreibe, überhaupt nicht identifizieren können solltet, dann ist auch das ein wichtiges Zeichen. Ich bin keine „Expertin“ und habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Was ich anbieten kann, ist eine (hoffentlich) empathische Antwort aus wissenschaftlichem und persönlichem Hintergrund.

Wer mir auch schreiben möchte, wendet sich bitte an anna.brachetti@posteo.de. Ich bearbeite dienstags und donnerstags für eine bestimmte Zeit eure Briefe. Schreibt bitte auch dazu, ob ich eure Nachricht und meine Antwort darauf anonymisiert (*Namen werden verändert) veröffentlichen kann.

Vielen Dank für das Vertrauen!

Liebe Anna,

Mein Sohn ist jetzt 21 Monate alt und wirft in den letzten Wochen sehr oft mit Gegenständen. Oft auch nach mir. Meist resultiert diese Reaktion daraus, dass ich gerade nicht voll konzentriert mit ihm spiele, sondern z.B. auf dem Sofa sitze während er auf dem Boden spielt, oder dass ich mich mit seinem Papa unterhalte, z.B. während des Essens am Tisch.

Am Tisch, wenn er nicht mehr sehr hungrig ist und wir uns (auf Englisch als unsere gemeinsame Sprache – mit unserem Sohn sprechen wir unsere Muttersprachen) unterhalten, wirft er Teller, Becher, Besteck, Essen runter. Hier triggert mich total, dass die Sachen natürlich kaputt gehen (ich mag Plastikgeschirr nicht sehr und schätze den Wert von Dingen) und dass es mir natürlich viel Arbeit macht, das wieder aufzuräumen.

Beim Spielen, wenn ich nicht auf jedes Geschehen reagiere, wirft er erst mit einer Sache nach mir und wenn ich sage, dass ich das nicht möchte und mir das wehtut, wird er richtig wütend (vermutlich auf sich selbst) und wirft mit Holzbausteinen, Autos, Körben nach mir oder wirft Dinge wie die Gitarre oder mein Telefon auf den Boden. Hier triggert mich, dass es natürlich wehtut. Einmal hab ich ein blauen und blutendes Auge davongetragen.

Er ist ein sehr fröhlicher Junge, singt gerne, rennt gerne und liebt Bälle. Er ist total auf mich bezogen, obwohl der Papa auch den ganzen Tag zu Hause ist und aufgrund der aktuellen Situation sogar keine Arbeit mehr hat.

Diese Situation mit dem Runterwerfen nimmt mich total mit, weil ich immer in einer Alarmstellung bin und in letzter Zeit mit am Arm festhalten und auch mal Schimpfen reagiere. Das will ich aber gar nicht.

Ich hoffe, dass du vielleicht eine Idee hast, wie wir solche Situationen entschärfen können.

Liebe Grüße

Helene*

Hallo Helene*,

Danke für dein Vertrauen! Ich weiß nicht exakt, ob die Zeit um 20 Monate herum eine Art „sensible Phase“ fürs Werfen sein könnte (nach Montessori), aber vielleicht beruhigt es dich schon zu wissen, dass viele Kinder im Alter deines Sohns mit Dingen werfen. Dass seine Impulskontrolle noch nicht richtig ausgereift ist und sich das mit dieser Werfphase sehr ungünstig ergänzt, erlebst du gerade.

Wir hatten auch schon ähnliche Phasen, in denen es dann geholfen hat, die jeweilige Aktivität noch mal gesondert anzubieten. Dann konnten wir den Kindern zeigen, womit werfen okay ist (Kissen, weiche Bälle…). Meist klappt es bei Kindern grundsätzlich besser, ihnen zu zeigen, was sie tun können, statt das zu verbieten, was sie nicht tun sollen.

Dann scheint es ja auch etwas mit deiner Aufmerksamkeit zu tun haben. Und natürlich musst du dich nicht 24/7 mit ihm beschäftigen, sondern darfst auch erwarten, dass er sich mal etwas selbst beschäftigt (was Kinder in diesem Alter aber nur für etwa 20 Minuten am Stück können). Es klappt wahrscheinlich besser, wenn du erst seinen „Beziehungstank“ auffüllst und er sich dann selbst beschäftigen soll. Also: erst mitspielen, dann langsam herausziehen. Vielleicht „darfst“ du dann nicht das Zimmer verlassen (das kommt noch!), aber du kannst dich immerhin etwas zurückziehen ihn einfach beobachten.

Dass er Dinge nach dir wirft, wenn er sich langweilt und eine Reaktion von dir möchte, ist natürlich nicht in Ordnung, aber er möchte dir damit nicht ernsthaft weh tun. Er weiß nur noch nicht, wie er mit diesen Gefühlen umgehen soll. Dabei kannst du ihm aber helfen. Zum einen finde ich es wirklich wichtig, dass du dich selbst schützt. Steht auf, geh ein paar Schritte zurück, sag Stopp. Dann kannst du seine Gefühle spiegeln, also etwa so: „Boah, du bist ja richtig sauer!“ (Im Tonfall auch an seine Gefühle anpassen. „Du willst, dass ich mitspiele! Du willst spielen!“ Ich weiß nicht, wie weit dein Sohn sprachlich ist, es könnt sich ja etwas verzögern, wenn er dreisprachig aufwächst. Meiner redet jedenfalls noch nicht so richtig viel, daher führen wir für manche Worte Gebärden ein, die er leichter nachmachen kann. Bei der für „spielen“ bewegt man die offenen Hände vor dem Körper in entgegengesetzte Richtungen hoch und runter (hier kannst du das sehen).

Es ist unheimlich frustrierend, nicht nur „ignoriert“ zu werden, sondern sich dann auch noch nicht richtig ausdrücken zu können. Und dann kannst du dir überlegen, ob du doch noch mal ein paar Minuten mitspielst, oder ob du jetzt eine Pause brauchst. Beides ist okay, beides kannst du kommunizieren, das heißt aber nicht, dass dein Sohn beides gut finden wird. Vielleicht schreit er, vielleicht wirft er mit Dingen. Schütze dich, spiegle die Gefühle, zeige ihm Alternativen „Stopp, das ist hart und tut weh! Wenn du sauer bist, kannst du den Ball hier auf den Boden werfen, so geht das!“. Vielleicht wollt ihr euch so einen Wutball basteln? Er hat gerade viel Energie und die will er loswerden, nur darf er dir eben dabei nicht weh tun. Er wird aber noch ein bisschen brauchen, um Impulskontrolle zu lernen. Das beste, was du tun kannst, ist ihn sehr klar, aber empathisch in seinen Gefühlen zu begleiten (mit dem „Spiegeln“, mit Alternativen, um seine Wut auszudrücken..).

Beim Essen ist es keine Alternative, Geschirr herunter zu werfen, auch Plastikgeschirr wird euer Problem nicht lösen, sondern es höchstens etwas erträglicher machen, abzuwarten, bis diese Phase vorbei ist (denn es ist eine Phase, meine Siebenjährige wirft nicht mehr mit Gegenständen ;)). Die meisten Kinder werfen allerdings erst dann etwas herunter, wenn sie keinen Hunger mehr haben. Wir haben dann die Gebärde „fertig“ eingeführt (dabei hält man beide Hände waagerecht übereinander vor dem Körper und bewegt sie nach außen, hier siehst du sie bildlich dargestellt) und dann das Geschirr weggeräumt.

Ich weiß nicht, wie es bei euch ist, aber bei uns dürfen die Kinder aufstehen, wenn sie fertig sind mit dem Essen. Destruktive Situationen versuchen wir grundsätzlich freundlich zu beenden („Oh, bist du schon fertig mit dem Essen? Dann räume ich dein Geschirr gern schon mal weg.“). Wenn etwas auf dem Boden landet, können das Kinder in dem Alter auch schon selbst mitmachen. Vielleicht wollt ihr euch einen kleinen Besen und ein kleines Kehrblech anschaffen? Und auch das kannst du ruhig begleiten, statt zu schimpfen, denn es ist eben nicht böse gemeint. („Schau, die Gurken sind auf dem Boden gelandet! Schnell, feg sie auf!“). Wahrscheinlich wird er das sogar problemlos machen (dass Kinder darauf keine Lust mehr haben, kommt meist erst etwas später, wird dann aber auch noch mal lustig ;)). Es geht ihm nicht ums Herunterwerfen, es geht ihm darum, dass er frustriert ist und das noch nicht so richtig ausdrücken kann.

Also konkret würde ich dir raten:
Überlege, was für Ansprüche du an ihn stellen kannst. Kleine Kinder können sich noch nicht lange am Stück selbst beschäftigen und finden es auch meist langweilig, am Tisch sitzen zu bleiben, wenn sie schon satt sind. Versuche, Verständnis zu haben und das Bedürfnis hinter dem Verhalten zu erkennen. Er will dich nicht ärgern und dir nicht weh tun, aber vielleicht braucht er dich gerade etwas mehr. Das ist anstrengend, also wechselt euch so ab, dass ihr beide genug Pausen habt. Hilf ihm, sich auszudrücken: Spiegele seine Gefühle sprachlich und führe ggf. Gebärden ein. Beende die Situation freundlich, aber bestimmt, am besten, noch bevor das Geschirr auf dem Boden landet/er etwas nach dir geworfen hat. Und unterstütze ihn dabei, es wieder gut zu machen (er kann dir z.B. ein Kühlpack holen, wenn er dir weh getan hat oder das Essen vom Boden aufwischen).

Ich hoffe, das hilft dir ein bisschen!

Liebe Grüße,

Anna

Tags: bedürfnisorientiert, Impulskontrolle, werfen

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