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Bindungsspiele in der Küche
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Bindungsspiele (Teil 2)

On 02.08.2019 by anna

Kinder erleben sich im Alltag immer wieder als machtlos. Am Ende des Tages sagen Kinder eben nicht „Boah, ich hatte echt einen anstrengenden Tag, können wir vielleicht miteinander reden?“ – sie randalieren, sperren sich gegen uns, „hören nicht“. Wenn wir viel Glück haben, sagen sie sogar direkt „Spiel mit mir!“. In diesem zweiten Teil geht es um Trennungsspiele, Machtumkehrspiele, Regressionsspiele, Spiele mit Körperkontakt und kooperative Spiele. (10 min Lesezeit)

Dieser Artikel basiert auf dem Buch „Spielen schafft Nähe – Nähe löst Konflikte“ von Aletha J. Solter. Ich habe dieses Buch vor mittlerweile drei Jahren entdeckt – und mir gewünscht, es schon viel früher gelesen zu haben. Hier kommt der zweite Teil des Artikels.

Bindungsspiele in der Küche
Foto: Chiara Doveri Photography

Trennungsspiele

Bei Trennungsspielen trennen wir uns spielerisch und für eine überschaubare Zeit von unserem Kind. Kinder spielen untereinander oft Verstecken, gerade aber beim Spielen mit Erwachsenen erfahren sie, dass wir ja, auch wenn wir kurz nicht mehr da sind, immer wieder kommen. Es schafft Verlässlichkeit und Sicherheit.

Wir haben vor dem Kitaeintritt mit den Kindern vermehrt Verstecken gespielt und uns manchmal auch absichtlich besonders schlecht versteckt (Hände vor die Augen halten oder hinter einem viel zu kleinen Gegenstand verstecken), um das Lachen zu fördern.

Machtumkehrspiele

Bei Machtumkehrspielen scheint sich Aletha J. Solter oft unverstanden gefühlt zu haben. Sie betont, dass es nicht darum geht, dass das Kind durch diese Spiele aggressiver wird, sondern dass es einen sicheren Rahmen für seine Aggressivität hat, diese aber nach den Spielen nachlässt und es kooperationsbereiter ist. Es hat die Möglichkeit, Machtlosigkeit, Frustration und Wut im Spiel zu verarbeiten. Das Lachen steht im Vordergrund, nicht der Kampf.

Bei den Machtumkehrspielen tun wir so als wären wir besonders schwach oder ungeschickt. Unsere Kinder dürfen uns erschrecken, umschubsen (besonders witzig, wenn sie dafür nur den kleinen Finger brauchen), mit Kissen abwerfen oder mit Gummitieren erschrecken.

Meine mittlere Tochter mag gerade nicht gern in den Kindergarten gehen. Die Spiele sind nicht das Einzige, was wir einsetzen – wir fragen uns nach den Gründen, bieten ihr verschiedene Lösungen an, sie darf auch mal zu Hause bleiben, wir hatten diverse Gespräche mit den Erzieher*innen und haben ihr im Kindergarten kleine Ruheinseln geschaffen, damit sie dort für sich sein kann. Morgens, wenn wir das Haus verlassen, hat sie aber dennoch schon ziemlich viel kooperiert, einfach weil sie sich darauf eingelassen hat, in den Kindergarten gebracht zu werden. Wir haben jetzt also ein kleines Ritual, bei dem sie immer schon etwas schneller als wir die Treppen herunterflitzt, um sich hinter einer Ecke zu verstecken und uns wahnsinnig zu erschrecken, wenn wir kommen.

Wirklich gern geht sie zur Zeit trotzdem nicht in den Kindergarten – und wie gesagt, die Spiele sollten auch nie die einzige Maßnahme zur Problemlösung sein -, aber es ist dennoch ein wichtiges Ritual für sie geworden.

Regressionsspiele

Regressionsspiele sind besonders geeignet für die Zeit, in der ein neues Geschwisterchen kommen wird oder gerade gekommen ist. Viele Kinder fordern diese Spiele von sich aus ein, machen wieder in die Hose, wollen einen Schnuller haben oder wieder zu stillen anfangen. Leider reagieren viele Eltern darauf mit „Dafür bist du doch schon viel zu groß!“. Den Kindern geht es aber gar nicht wirklich darum, wieder klein sein zu wollen, sondern sie wollen sich nur absichern, dass wir Eltern sie genauso lieben wie die Kleinen. Die werden schließlich auch die ganze Zeit umsorgt – nun wollen sie schauen, ob sie eben genauso versorgt werden, wenn sie sich wie die Babys verhalten.

Wenn wir auf diese Spiele eingehen, bedeutet das nicht, dass sie tatsächliche Rückschritte machen. Der Wunsch danach wird relativ schnell wieder verschwinden, wenn wir eine Weile lang mitspielen – ohne uns darüber lustig zu machen, das Baby abzuwerten oder dem Kind zu versichern, dass es das eigentlich alles gar nicht brauche. Es braucht es eben doch – oder vielmehr die Sicherheit, geliebt zu werden.

Bei den Regressionsspielen geht es also darum, das Kind so zu behandeln als wäre es deutlich jünger, zum Beispiel ein Baby. Wir können das Kind in den Arm nehmen und mit einem Fläschchen füttern oder es wiegen, es vielleicht eine Weile lang im Tragetuch tragen oder im Kinderwagen schieben. Wir können ihm so Geborgenheit schenken, wie wir sie Babys geben – und unser Kind wird sich geborgen und geliebt fühlen. Damit geben wir unserem Kind sozusagen eine kleine Pause vom Groß-Sein, ein kurzes Versichern, dass die Wurzeln noch tief in der Erde sind. Gehen wir darauf ein, kann es die Flügel oft schnell wieder ausbreiten.

Wir können diese Spiele auch zum Anlass nehmen, um darüber zu sprechen, dass es manchmal ziemlich schwierig ist, kleine Geschwister zu haben, die die Eltern ständig brauchen. Auch wenn das Kind diese Spiele nicht mehr einfordert, braucht es dennoch „Quality Time“ mit uns.

Spiele mit Körperkontakt

Auch Spiele mit Körperkontakt sind etwas, das Eltern oft intuitiv machen. Wir kuscheln und schmusen, wir rangeln und verausgaben uns bei Kissenschlachten. Größere Kinder fordern Körperkontakt oft nicht mehr so sehr ein wie Babys und Kleinkinder, was aber nicht heißt, dass sie ihn nicht brauchen. Beim Kuscheln wird Oxytocin, das Bindungshormon, ausgestoßen, das uns sicher fühlen lässt.

Foto: Chiara Doveri

Manchmal fangen Kinder an, sich an uns zu klammern. Sie hängen sich zum Beispiel an unsere Füße oder Arme oder werfen sich auf unseren Rücken. Manche Eltern, gerade wenn mit ihnen selbst nie viel gekuschelt wurde, haben dann dem Impuls, ihre Kinder wegzuschieben. Sie sollen schließlich auf eigenen Beinen stehen, das Hängen ist oft schwer und tut manchmal weh, man kommt nicht vorwärts, wenn sich jemand am Bein festklammert. Allerdings zeigen Kinder damit oft nur eine Hilflosigkeit. Sie wünschen sich, in Beziehung zu treten, wissen aber nicht, wie sie das anstellen sollen.

Wenn unser Kind anfängt zu klammern, können wir aber auch darauf eingehen und ein lustiges Spiel daraus machen. Setzen sie sich beispielsweise auf unseren Schoß, können wir zum Beispiel – auch im Sinne der Regressionsspiele – Hoppe, Hoppe Reiter anfangen. Sind wir fertig, sind die Kinder oft dazu bereit, sich doch wieder auf ihren eigenen Platz zu setzen. Auch hier wollen sie sich oft nur die Versicherung abholen, noch geliebt zu werden. Oder wenn sie sich an unsere Füße hängen, können wir ganz übertrieben jammern, dass wir ja kaum vorwärts kommen. Auch hier geht es wieder darum, dass die Kinder durch Lachen Spannung abbauen können.

Ich finde es unheimlich schade, die Bindungsspiele nicht schon gekannt zu haben als Lotta geboren wurde. Nach Jonathans Geburt haben wir sie ab und zu gespielt, allerdings habe ich gemerkt, dass es mir bei Lotta leicht, bei der zwei Jahre älteren Madita allerdings schwer fiel. Der Wunsch nach Regressionsspielen hat allerdings nichts mit dem Alter zu tun und, wie erwähnt, es ist kein Anzeichen für tatsächliche Rückschritte. Je besser wir auf die Bedürfnisse unserer Kinder eingehen können, desto eher werden sie auch verschwinden.

Kooperative Spiele und Aktivitäten

Kooperative Spiele sind ebenfalls Dinge, die viele Eltern intuitiv in ihren Alltag einbauen. Kinder lieben es, bei uns zu sein. Wir müssen sie dabei aber gar nicht die ganze Zeit beschäftigen, sondern oft reicht es ihnen, einfach dabei zu sein, wenn wir unseren Alltag bestreiten, abwaschen, die Wäsche machen oder kochen. Außerdem lernen unsere Kinder dabei gleich, wie ein Haushalt funktioniert und können sich selbst mit einbringen (was wir vielleicht auch nutzen sollten, solange sie noch klein sind ;)).

Kooperative Spiele sind alles, was wir bewusst gemeinsam machen. Tanzen, singen, kochen, basteln, Lego bauen. Wir legen hier allerdings den Fokus darauf, gemeinsam zu spielen. Spielen wir beispielsweise ein Spiel, bietet es sich ein, ein Kooperationsspiel zu wählen. Spielen wir Fußball, geht es nicht darum, wer am meisten Tore hat, sondern dass wir den Ball möglichst genau zum anderen schießen. Wir gehen nicht in einen Wettbewerb ein, sondern fokussieren uns auf das Gemeinsame, Kooperative.

Durch solche Spiele wächst das Gefühl, eine Familie sein. Zusammen zu gehören. Kinder fühlen sich wertgeschätzt und gesehen, sie sind ein Teil unserer Familie und tragen zu ihrem Erhalt bei, einfach indem sie sie selbst sind. Wir stärken die Verbundenheit und zeigen unseren Kindern, dass sie uns wichtig sind. Solche Spiele sind leicht in den Alltag einzubauen, wenn wir daran denken. Und natürlich sieht die Küche nach dem gemeinsamen Backen ziemlich fürchterlich aus – wir können sie allerdings auch mit sehr viel Spaß (und vielleicht einem Nonsens-Spiel) wieder gemeinsam aufräumen und putzen und haben viel gemeinsame Zeit verbracht, auch wenn vielleicht insgesamt wenig Zeit da war.

Zusammenfassung

Wenn Kinder uns dazu auffordern, mit ihnen zu spielen, dann suchen sie dabei gar nicht unbedingt uns als Spielpartner*innen, sondern vor allem als Bindungspersonen. Erfüllen wir ihnen dieses Bedürfnis, dann können wir unsere Bindung zum Kind (und anders herum) stärken und unserem Kind das Gefühl geben, geliebt und wertgeschätzt zu werden. Einige der Spiele bauen viele Eltern intuitiv in den Alltag ein, andere erkennen sie auf den ersten Blick vielleicht gar nicht als Spielaufforderung (wie z.B. die Regressionsspiele).

Bindungsspiele können unseren Kindern helfen, Ängste oder schwierige Situationen zu verarbeiten. Sie fördern das Vertrauen unseres Kindes darin, dass wir für sie da sein können und stärken das Selbstvertrauen, weil sie sich in ihren Bedürfnissen wahrgenommen fühlen. Wir müssen nicht jeden Tag stundenlang mit unseren Kindern auf dem Boden hocken und Bauklötze stapeln, aber wenn wir es schaffen, auf den Wunsch unserer Kinder nach Bindung einzugehen durch Spielideen oder wenn wir selbst von uns aus bei Problemen versuchen, kreative Lösungen zu finden, kann das unsere Beziehung sehr bereichern.

Da wir für die Bindungsspiele keinerlei Zubehör brauchen, können sie ohne Vorbereitung spontan von allen Eltern (und Großeltern und Erzieher*innen…) angewandt werden. Das Wichtigste bei den Bindungsspielen ist der Spaß; das Kind soll zum Lachen gebracht werden, damit es Spannungen abbauen kann. Gefällt dem Kind das Spiel nicht, verändern wir es oder brechen es ab, nichts muss erzwungen werden. Wir müssen bei diesen Spielen nichts beibringen, es gibt keine besonderen Regeln und niemand muss mit aller Macht gewinnen wollen. Es geht nur darum, die Bedürfnisse unserer Kinder zu erkennen und auf kreative Weise zu erfüllen.

Ich persönlich finde die Machtumkehrspiele, die Nonsensspiele und die kooperativen Spiele besonders wertvoll für unseren Alltag und baue sie häufig ein. Nicht, um meine Kinder dazu zu bringen, etwas zu tun, sondern einfach, um ihre natürliche Kooperationsbereitschaft zu erhöhen und ihre Bedürfnisse nach Nähe und Gemeinschaft zu erfüllen. Dass meine Kinder danach meist mehr bereit sind, mir bei etwas zu helfen oder etwas mitzumachen, ist ein hilfreicher Nebeneffekt.

Wenn wir Probleme oder Konflikte haben, sind Bindungsspiele aber nicht die einzige Lösung, sondern wir sollten sie von vielen Seiten angehen. Sie können aber dabei helfen, den Druck aus der Situation zu nehmen und sie dazu zu nutzen, die Bindung zu stärken, statt sie zu strapazieren.

Alles in allem denke ich, dass Bindungsspiele etwas sind, von dem Eltern wissen sollten (vieles machen sie ja auch schon intuitiv), damit sie ihr elterliches Repertoire an „Werkzeugen“ damit erweitern und sie nach Bedarf anwenden können. Sie sollen Eltern nicht unter Druck setzen, sondern ihnen zusätzliche Möglichkeiten an die Hand geben, um Schwierigkeiten kreativ und auf neue Weise zu lösen.

Ich wünsche euch viel Spaß dabei, Bindungsspiele in euren Alltag zu integrieren!

Eure Anna

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