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Routinen und Rituale im Alltag (Teil 2)

On 05.07.2019 by anna

In Teil 2 geht es um Veränderungen von Routinen, wenn beispielsweise ein Geschwisterkind neu in die Familie kommt. Ich zeige, wie wir in unserer Familie Routinen etablieren. Es geht außerdem darüber, in welchen speziellen Situationen (z.B. bei einigen autistischen Kindern) die exakt gleichen Abläufe wichtig sein können.

Kurze Zusammenfassung des ersten Artikels über Routinen:

Routinen können uns helfen, den Tag zu strukturieren. Dabei geht es weniger darum, die immer gleichen Abläufe zu schaffen, als vielmehr, Gewohnheiten zu etablieren und Abläufe zu vereinfachen. Kinder wollen Routinen gern mitbestimmen und sie flexibel halten. Der Alltag ändert sich immer wieder. Statt weiterhin an etablierten Routinen festzuhalten, ist es sinnvoll, sie immer wieder auf die eigenen Bedürfnisse abzuändern.

Das Wichtigste für Kinder ist Verlässlichkeit; nicht in Form von Zwängen, sondern in Form von verlässlichen Erwachsenen, die für unsere Kinder als Ansprechpartner*innen emotional zur Verfügung stehen und ihre Versprechen halten.

Foto: Cindy & Kay Photography

Veränderungen von Routinen

Wenn ein Geschwisterkind neu in die Familie kommt, herrscht oft erst eine Ausnahmesituation. In vielen Familien ändern sich die Routinen sehr plötzlich. Auch wenn es immer mehr Väter gibt, die in Teilzeit arbeiten und viel Zeit mit ihren Kindern verbringen, ist es doch in den meisten Familien noch so, dass eher die Mütter zu Hause bleiben oder ihre Erwerbsarbeit reduzieren.

Wenn normalerweise also die Mutter den Hauptteil der Care Arbeit übernimmt, plötzlich aber mit dem neuen Baby im Bett liegt und Ruhe braucht, ist das große Geschwisterkind oft verwirrt. Am sinnvollsten ist es, die neuen Routinen, bzw. den Wechsel der Bezugsperson für die Routinen bereits in der Schwangerschaft zu beginnen (und natürlich ist es generell sinnvoll, wenn nicht nur die Mutter dafür zuständig ist, aber das ist ein anderes Thema).

Das Wochenbett ist ein Ausnahmezustand. Viele Kinder profitieren davon, ihn auch als genau solchen genießen zu dürfen. Vielleicht (wieder) mit im Elternbett schlafen, morgens lange kuscheln, Frühstück im Bett – auch das Geschwisterkind braucht Zeit, um wieder anzukommen. Anderen Kindern tut es gut, ihre alten Routinen zu gut wie möglich beizubehalten und auch für die Eltern schafft es oft ein paar ruhige Stunden, wenn das Geschwisterkind weiterhin in den Kindergarten geht.

Was genau dem eigenen Kind am besten tut, ist also unterschiedlich und Eltern haben oft ein gutes Bauchgefühl. Sie wissen, ob es ihrem Kind gut tun wird, einfach mal Fünfe gerade sein zu lassen oder lieber den Alltag so normal wie möglich weiter zu führen.

Routinen ändern sich aber ohnehin ständig. Auch wenn die meisten Kinder Anpassungsschwierigkeiten haben (und die ja auch nicht nur, weil die Routinen sich ändern, sondern weil sich das gesamte Familiengefüge verändert), macht es auch flexibel, Routinen wieder neu anzupassen. Wenn also ein paar Tage oder auch Wochen lang der Alltag eher chaotisch abläuft, schadet das den Kindern nicht.

Neue Routinen etablieren

Kinder haben ein Bedürfnis nach Selbstbestimmung, brauchen aber auch Sicherheit, Eltern wünschen sich oft geregelte Abläufe und die Vereinfachung von Stresssituationen. Beides kann eine Familie in den für sie richtigen Routinen finden. Wie genau die aussehen, ist in jeder Familie anders.

Wir gehen meist (ungefähr) nach dem folgenden Schema vor:

1. Auflistung der gewünschten oder notwendigen Tätigkeiten (z.B. morgens vor dem Kindergarten)

Wir überlegen, was alles am Morgen getan werden soll, bzw. was wir uns wünschen. Dabei geben wir Prioritäten an. Absolute Priorität haben Zähneputzen, Haare bürsten, frühstücken, diese Tätigkeiten sind auch nicht verhandelbar, wo und wie sie stattfinden aber schon.

Eine Zeit lang haben sich unsere Kinder gewünscht, morgens noch spielen zu können. Das war für uns in Ordnung, solange die notwendigen Tätigkeiten vorher erledigt waren und wir dann aus dem Spiel direkt los konnten (wir haben dann meist ein Spielzeug mitgenommen, damit das Spiel nicht unterbrochen, sondern auf dem Weg fortgeführt werden konnte).

2. Ungefähre Zeitabschätzung

Wir beobachten, wie lange wir für die Tätigkeiten brauchen und berechnen daraus die nötige Aufstehzeit (für unser Familie passt es am besten, eine Zeitraum, statt einen Zeitpunkt zu bestimmen, aber auch hier ist jede Familie anders). Kinder werden unter Stress oft besonders langsam, das empfiehlt sich mit einzurechnen.

Ich persönlich habe festgestellt, dass Kinder gut differenzieren können, wenn wir morgens einmal weniger Zeit haben (z.B. wenn wir verschlafen haben oder ein Termin ansteht), wenn wir es normalerweise gemütlich angehen lassen können.

3. Kompromisse finden

Manchmal zeigt sich durch so eine Zeitabschätzung auch, dass gewisse Dinge einfach nicht in die Routine passen. Würde das Kind gern morgens ein Buch lesen und gemütlich kuscheln, die Morgenroutine würde sich aber insgesamt dann zwei Stunden lang ziehen und die Familie müsste um fünf Uhr morgens aufstehen, passt es eben nicht unbedingt. Das muss nicht heißen, dass das Kind seine Wünsche aufgeben muss, aber es müssen andere Wege gefunden werden. Vielleicht kann das Buch im Bus vorgelesen werden? Manche Familien finden auch etwas unkonventionellere Lösungen, wie dass die Kinder bereits am Abend ihre frische Kleidung anziehen und damit schlafen (das klappt allerdings bei heißen Nächten, in denen die Kinder schwitzen, weniger gut).

4. Die Routine aufmalen

Vielen Kindern hilft ein Plan zum Abhaken oder Zuklappen oder einer, bei dem sie die Tätigkeiten von der einen auf die andere Seite einer Tafel schieben. Ob eine genaue Reihenfolge festgehalten wird oder die Kinder frei wählen können, entscheidet jede Familie selbst. Bilder helfen Kindern, die noch nicht lesen können.

Viele Eltern sind versucht, besonders wenn sich die Kinder schwer an etwas zu gewöhnen scheinen zu Belohnungssystemen zu greifen. Diese funktionieren oft auch eine Weile lang sehr gut, allerdings muss man dazu bedenken, dass es sich um eine klassische Konditionierung handelt. Kinder tun die Tätigkeiten dann nicht, weil sie deren Wichtigkeit verstehen, sondern weil sie auf ihre Belohnung hoffen. Diese muss dann aber eben auch erfolgen, andernfalls wird die Tätigkeit wieder schleifen gelassen. Checklisten zum Abhaken geben Kindern den selben Dopaminausschuss im „Belohnungszentrum“ des Gehirns, allerdings erfahren Kinder hierbei viel mehr Selbstwirksamkeit (das Thema Belohnungen ist allerdings sehr groß und es weiter aufzugreifen, würde hier den Rahmen sprengen).

Foto: Cindy & Kay Photography

Ein visueller Plan hilft es Kindern, in Ausnahmesituationen (z.B. wenn die Eltern krank sind) oder bei Abwesenheit der Eltern mit ihren Routinen weiter zu machen. In manchen Familien klappt es auch gut, wenn Geschwister untereinander „kontrollieren“, ob alles abgehakt ist. Die Eltern könnten zum Beispiel (am besten reihum) ein Kind bitten nachzuschauen, ob alle Häkchen gesetzt/alle Karten zugeklappt sind. Es geht hierbei weniger um eine Kontrolle, sondern vielmehr darum, ein Zusammenheitsgefühl zu schaffen. Wir als Familie haben schon alles erledigt, was wir morgens erledigen wollen – jetzt können wir zusammen das Haus verlassen. Solange kein Kind für fehlende Aufgaben bestraft wird, können wir uns ein bisschen „social pressure“ durchaus zu Nutzen machen (wenn das Kleinkind z.B. sieht, dass alle gerade Zähne putzen).

Gerade bei Krankheit der Eltern dürfen Routinen aber auf ein absolutes Minimum heruntergefahren oder von nahestehenden Personen übernommen werden. Das zeigt Kindern nicht, dass die Routinen egal oder weniger wichtig sind, sondern schlicht, dass man bei Krankheit auf sich achten muss.

Exkurs: Warum brauchen autistische Kinder oft gleich bleibende Routinen?

Autismus ist noch nicht genügend erforscht, um konkret sagen zu können, wie das Gehirn von Autist*innen aussieht. Es gibt aber eine Theorie, die viele Beobachtungen erklären könnte:

Bei Autismus ist das Gehirn anders „verdrahtet“ als bei neurotypischen Menschen. Normalerweise sind die unterschiedlichen Bereiche mit starken, direkten „Leitungen“ miteinander verbunden, bei Autist*innen sind sie meist nur durch feine verästelte Nervenbahnen verbunden. Konkret bedeutet das, dass Informationen schwerer weitergeleitet werden können. Einzelne Sinnesreize werden also nicht als großes Ganzes, sondern als viele unüberschaubare Einzelteile wahrgenommen. Autist*innen fällt es deswegen schwer, Ursache und Wirkung zu erkennen, dadurch fällt ihnen das Lernen generell sehr schwer.

Autist*innen verfallen oft in stereotype Verhaltensmuster, weil diese in sich so geschlossen sind, dass sie sie durch ihre Vorhersehbarkeit beruhigen. Man kann sich das so vorstellen, dass sie endlich eine Hauptstraße im Wirrwarr der vielen Wege gefunden haben.

Genau deswegen brauchen viele Autist*innen auch ganz klare Routinen und ertragen keine Abweichungen, weil sie bei diesen direkt wieder mit vielen verschwommenen und unzusammenhängenden Informationen und Sinnesreizen überschüttet werden. Durch die ständige, exakte Wiederholung werden die Verbindungen im Gehirn stärker, die Information kann besser verarbeitet werden.

Auch bei Hochsensiblen und Kindern mit AD(H)S könnten ähnliche Mechanismen ablaufen. Auch hier ist es manchmal sinnvoll, sehr klare Strukturen zu schaffen und gleichzeitig die äußeren Reize zu minimieren (z.B. indem in der Wohnung eine relativ klare Ordnung gehalten wird), um ihnen den Alltag zu erleichtern.

Das bedeutet allerdings nicht, dass man mit autistischen, hochsensiblen und hyperaktiven Kindern niemals verreisen könnte. Es bietet sich an, die Kinder gut vorzubereiten, ihnen beispielsweise Bilder und Videos vom Urlaubsort zu zeigen, ähnliche Routinen beizubehalten und sie wichtige Kuscheltiere oder Gegenstände mitnehmen zu lassen.

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